Gremiengründung

Vorbereitung zahlt sich aus.

Die Erfahrung zeigt, dass es sich lohnt verschiedene Vorüberlegungen anzustellen, um die zielgerichtet Zusammenarbeit verschiedener Akteure in der Gemeinde in einem Präventionsgremium zu fördern.

 

  

Vorüberlegungen zur Gremiengründung

Welche Fragen sind vorab zu klären?

Ist der grundsätzliche Entschluss zur Gründung eines Präventionsgremiums gefällt, ist es sinnvoll, zunächst einige Vorüberlegungen anzustellen. Dazu zählen etwa die folgenden Fragen:

  • Wer soll das Gremium ins Leben rufen?
  • Welche Partner:innen sollen im Präventionsgremium mitwirken?
  • Wie soll das Gremium strukturiert und organisiert sein?
  • Wo und bei wem könnte das Gremium möglicherweise angebunden werden?
  • Wer könnte die Koordination des Gremiums leisten?
  • Wie kann eine Finanzierung erfolgen?
  • Wo gibt es Unterstützung und Hilfe?
  • Welche Größe sollte das Gremium haben?

Auf diese Fragen werden im Folgenden Antworten gegeben, die auf Erfahrungen aus Kommunen basieren, die in der Vergangenheit vor gleichen Herausforderungen standen.

Vier Schritte haben sich als wesentlich für die Gründung eines Kommunalen Präventionsgremiums erwiesen, die zunächst im Überblick und dann im Einzelnen vorgestellt werden:

 

Handlungsbedarf und Problembewusstsein 

Zunächst ist zu klären, ob in der Kommune ein konkreter Handlungsbedarf besteht, der durch die zielgerichtete Zusammenarbeit verschiedener Akteur:innen und Professionen effektiver und nachhaltiger bearbeitet werden kann, als wenn jeder für sich im Rahmen seiner Möglichkeiten nach Lösungen sucht. Handlungsbedarf erfordert hier nicht zwingend das Vorliegen einer problematischen Lage vor Ort, sondern gerade auch die Abstimmung und Zusammenarbeit zur präventiven Befassung mit übergreifenden Themen und Strukturen. Die Klärung dieser Fragen erleichtert es, im weiteren Prozess andere Personen und Institutionen für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. 

Dabei könnte es sich beispielsweise um Nutzungskonflikte zwischen Jugendlichen, bestimmten Szenen und Anwohnern:innen im öffentlichen Raum handeln oder um Themen, die das Sicherheitsgefühl der Bürger:innen beeinträchtigen. An solchen aktuellen Beispielen lässt sich im weiteren Prozess leichter veranschaulichen, dass es zielführender ist, wenn sich verschiedene kommunale Akteur:innen (z.B. Stadtverwaltung, Polizei, soziale Arbeit, Ver-eine und andere mehr) an einer gemeinsamen Problemlösung beteiligen. Gibt es ein solches Thema, das die Gemüter in der Gemeinde bewegt, lässt sich an dieses Problembewusstsein anknüpfen, wodurch die Ansprache potenzieller Partner:innen erleichtert wird.

Initiative und Mitwirkende 

Die Initiative zur Gründung eines Präventionsgremiums kann sowohl von öffentlichen wie auch von privaten Stellen und Akteur:innen ausgehen. Dafür können unterschiedliche Gründe maßgeblich sein. Dazu zählen beispielsweise 

  • Leidensdruck, weil die Kommune mit konkreten Problemen konfrontiert ist 
  • Erlasse, die Kommunen zur Gründung entsprechender Gremien auffordern 
  • Die Vergabe von Fördermitteln für die kommunale Präventionsarbeit etc. 
  • Eigeninitiative der Kommune, die Präventionsarbeit zu optimieren um Probleme frühzeitig zu erkennen 

 

Als sehr wichtig für die weitere Arbeits- und Entscheidungsfähigkeit eines Präventionsgremiums hat es sich erwiesen, dass es gelingt, die Verwaltungsspitze (bzw. den oder die Bürgermeister:in) sowie die Polizei (-führung) für eine Mitwirkung zu gewinnen. Durch die Einbindung des/der Bürgermeis-ters:in wird die Bedeutung dokumentiert, die dem Thema Prävention in der Kommune beigemessen wird, wodurch Dritte eher zur Beteiligung motiviert werden. Zudem können sie als Verwaltungschef:in dem Thema Prävention ressortübergreifend in den Fachverwaltungen Geltung verschaffen. 

Die Polizei besitzt zu nahezu allen Sicherheitsthemen eine besondere Expertise und ist daher ein unverzichtbarer Kooperationspartner. Sie verfügt über viel Fachkompetenz in den meisten Präventionsthemen und kann daher einen wichtigen Beitrag bei der Problemanalyse leisten und ist für die Erarbei-tung von Problemlösungsansätzen vielfach unerlässlich. Auch die polizeiliche Behördenleitung sollte daher für die kommunale Prävention und zur Mitarbeit im Präventionsgremium gewonnen werden.

Wichtige Kooperationspartner sind in vielen Fällen zudem die freien Träger der sozialen Arbeit. Sie verfügen über Fachwissen zum frühzeitigen Erkennen problematischer Entwicklungen, haben Zugänge zu Zielgruppen und kennen sich in der Förderlandschaft aus.

Kooperationsbereitschaft 

Die Erfahrung zeigt, dass gemeinsame Präventionsarbeit auf Dauer nur Bestand hat und erfolgreich ist, wenn die Beteiligten freiwillig daran mitwirken. Wird die Kooperation verordnet, ohne dass die Teilnehmer:innen von deren Sinn und Mehrwert überzeugt sind, werden sie die Zusammenarbeit als zusätzliche Belastung empfinden und nicht wirklich voranbringen. 

Daher sind Überzeugung, Begeisterung und Verantwortungsgefühl für das Thema sehr wichtig. Dann sind Elan und Kreativität in der Kooperation hoch, die Identifikation mit den gemeinsamen Zielen ausgeprägt und durch das Engagement einzelner wird die Gremienarbeit angetrieben. 

Vor dem Entschluss zur Gründung eines Präventionsgremiums sollte daher mit zentralen Akteuren geklärt werden, dass diese zur Kooperation bereit sind und die Bereitschaft mitbringen, getroffene Entscheidungen mitzutragen und gemeinsame Ziele zu verfolgen. Durch informelle Gespräche kann vorab geklärt werden, ob bei zentralen Akteur:innen eine entsprechende Kooperationsbereitschaft besteht bezie-hungsweise geweckt werden kann. 

Besetzung des Präventionsrates 

Hinsichtlich der optimalen Größe und Besetzung eines Präventionsrates gibt es keine allgemeinen Empfehlungen, weil diese abhängig von den Problemstellungen und Rahmenbedingungen vor Ort sind. Grundsätzlich jedoch gilt der Grundsatz: So groß wie nötig, so klein wie möglich. Ein zu großes Gremium birgt die Gefahr, dass Diskussions-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse für eine effektive Arbeit zu lange dauern. Zugleich sollten aber alle relevanten Personen, Institutionen und Gruppen eingebunden werden, die einen Beitrag zu ganzheitlichen Problemlösungen leisten können. Die Bestimmung des Teilnehmer:innenkreises kann sich grundsätzlich an zwei Fragen orientieren:

  • Wer kann bei der Lösung bestimmter Probleme hilfreich sein?
  • Wie kann ein kommunales Gremium ressourcenschonend strukturiert sein? 

Auf der einen Seite sollten neben dem (Ober)Bürgermeister bzw. der (Ober)Bürgermeisterin, die Fachämter der Kommune sowie die Polizei vertreten sein. Auf der anderen Seite sollte das Präventionsgremium nicht zu staatslastig sein, sondern auch zivilgesellschaftlichen Akteur:innen, wie Vereinen, sozialen Diensten, engagierten Bürger:innen, Wirtschaftsvertreter:innen, Vertreter:innen von Glaubensgemeinschaften und anderen mehr die Möglichkeit bieten, sich gleichberechtigt einzubringen. Möglicherweise be-stehen vor Ort bereits vergleichbare Strukturen, auf die mit einer erweiterten Themenstellung, aufgebaut werden kann. 

Anregungen für die Besetzung des Präventionsrates sowie möglicher themenbezogener Arbeitsgruppen finden sie in unserer exemplarischen Übersicht (siehe Information: Beispiele für Gremienmitglieder). 

Auch nachdem der Präventionsrat sich konstituiert hat, sollte regelmäßig reflektiert werden, ob alle relevanten Akteur:innen einbezogen sind oder weitere Personen und Institutionen zur Teilnahme motiviert werden sollten. 

Regeln schaffen - Geschäftsordnung 

In einem gesamtgesellschaftlichen Gremium wird die Zusammenarbeit durch ein paar verlässliche Grundsätze erleichtert. Dazu gehören u.a. regelmäßige Zusammenkünfte, festgelegte Tagesordnungen, Gleichberechtigung bei Diskussion und Abstimmung, die Protokollierungen von Festlegungen, Termine und Verantwortlichkeiten. Einige dieser Vereinbarungen sollten in einer Ge-schäftsordnung festgehalten werden. 

Eine Geschäftsordnung leistet einen Beitrag die Verbindlichkeit der getroffe-nen Vereinbarungen bei den Mitgliedern zu erhöhen, der Arbeit des Präven-tionsrates mehr Struktur zu verleihen und dessen Arbeit für Interessierte transparenter zu machen. Die Inhalte der Geschäftsordnung sollten sich an den Bedarfen der Mitglieder orientieren und können beispielsweise folgende Aspekt umfassen: Leitbild und Zielsetzungen des Präventionsrates, Aufga-ben, Besetzung und Zuständigkeiten der verschiedenen Funktionen, Themen-schwerpunkte und Teilnehmer:innen in Arbeitsgruppen, Sitzungs- und Wahl-modalitäten sowie vieles andere mehr. Eine exemplarische Geschäftsord-nung (siehe Information: Beispiel für Geschäftsordnung) liefert Anregungen für deren Ausgestaltung. Im Internet lassen sich leicht weitere Beispiele recherchieren (GOOGLE: GESCHÄFTSORDNUNG+PRÄVENTIONSRAT), denen sich weitere Anregungen entnehmen lassen. 

Unterstützung bei Ihren Vorüberlegungen zur Gründung eines Präventions-gremiums erhalten Sie von den Expertinnen und Experten des Landespräven-tionsrates (diese Bezeichnung variiert in den Ländern). Damit können Sie von den langjährigen Erfahrungen anderer Kommunen profitieren. 

Literatur: 

Schreiber, V. (2019). Kommunale Kriminalprävention in Deutschland 2018. Forschungsberichte des Nationalen Zentrums für Kriminalprävention 1/2019. 

Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) (Hrsg.) (2012). Im-pulse für das Kommunale Präventionsmanagement, 2. Aufl., Bonn. 

Struktur- und Organisationsprinzipien

Wie sollte ein Kommunaler Präventionsrat aufgebaut und organisiert sein? 

Die Formen bestehender Präventionsgremien sind vielfältig. Und das müssen sie auch: Sie müssen zur Größe der Kommune, zu den Herausforderungen und zu den Möglichkeiten passen. Das Spektrum reicht von kleinen Projekten mit wenigen Beteiligten über „Runde Tische“ und Arbeitsgruppen bis hin zu fest institutionalisierten Gremien. Insbesondere in kleineren Kommunen ist es in manchen Fällen vielleicht zunächst sinnvoller für die Präventionsarbeit nicht sofort ein festes, größeres Gremium einzurichten, sondern konkrete Problemstellungen vor Ort in Form einer zeitlich befristeten Zusammenarbeit von Kooperationspartner:innen zu bearbeiten. Als besonders stabil und zielführend haben sich jedoch institutionalisierte Gremienmodelle erwiesen, die auf Dauer eingerichtet sind und in denen die Präventionsarbeit kommunaler Akteur:innen aufeinander abgestimmt wird. Die feste Verankerung der Präventionsarbeit in einer Kommune ist mit großen Vorteilen verbunden:

  • Durch die Zusammenarbeit im Präventionsgremium lernen die Mitglieder die Arbeitsweisen und Handlungslogiken anderer Akteur:innen kennen, etablieren Kommunikationswege und vernetzen sich.
  • Ein etabliertes Gremium erlaubt es „vor die Lage“ zu kommen. Probleme werden nicht erst dann erkannt und bearbeitet, wenn „es brennt“. Die Beteiligten aus unterschiedlichen Professionen haben ein Gespür für sich entwickelnde Probleme. Frühzeitig kann deren Relevanz erörtert und ein gemeinsamer Umgang abgesprochen werden.
  • Voraussetzungen für gelingende Kooperation (Information: Seite Vorrausetzungen gelingender Kooperation) müssen nicht erst geschaffen werden. Die Beteiligten kennen die richtigen Ansprechpartner:innen, wissen um die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Partner:innen und haben in der Vergangenheit möglicherweise bereits vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen zu einander aufgebaut.
  • Durch die Vielfalt der Beteiligten können Bedarfe und Problemwahrnehmungen in der Kommune sensibler wahrgenommen werden. Miteinander abgestimmt können dann Prioritäten bei der Problembearbeitung gesetzt werden.
  • Wegen der Vielfältigkeit von Problemursachen sollten in einen Präventionsrat grundsätzlich möglichst viele kommunale Akteur:innen (Personen und Institutionen) eingebunden werden, die einen Beitrag zur Präventionsarbeit leisten können. Wie Abbildung 1 illustriert arbeiten in Präventionsgremien etwa Fachabteilungen der Kommunalverwaltung, von Polizei und Justiz, Schulen und Kindertagesstätten, soziale Träger und Vereine, Bürger:innen, Wirtschaftsrepräsentanten:innen, Glaubensgemeinschaften und viele andere mehr zusammen.

 

Literatur: 

Schreiber, V. (2019). Kommunale Kriminalprävention in Deutschland 2018. Forschungsberichte des Nationalen Zentrums für Kriminalprävention 1/2019. 

Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) (Hrsg.) (2012). Impulse für das Kommunale Präventionsmanagement, 2. Aufl., Bonn. 

 

Auf diese Fragen werden im Folgenden Antworten gegeben, die auf Erfahrungen aus Kommunen basieren, die in der Vergangenheit vor gleichen Herausforderungen standen. Obwohl es keine einheitlichen Vorgaben für die Organisation von Präventionsgremien geben kann, haben sich Organisationsmuster in der Praxis bewährt. Im Kommunalpräventiven Rat kommt die Bandbreite gesellschaftlich relevanter Professionen, Personen und Institutionen zusammen, wie Abbildung 2 veranschaulicht.

(Ober)Bürgermeister:in an die Spitze

Den Vorsitz des Gremiums sollte der/die (Ober)Bürgermeister:in innehaben. So wird eine enge Anbindung an die Kommune und in die Verwaltung sichergestellt. Zudem verdeutlicht dies den Stellenwert des Themas und steigert die Akzeptanz der Arbeit des Rates und erhöht die Öffentlichkeitswirkung. Gemeinsam mit der Verwaltungs- und Polizeispitze besetzt er/sie zudem die Lenkungsgruppe, in der z.B. strategisch bedeutsame Entscheidungen vorbereitet werden.

Arbeitskreise

Die eigentliche Sacharbeit findet in Arbeitskreisen statt. Dort sind entspre-chend der identifizierten Problem- und Arbeitsfelder solche Personen und Professionen eingebunden, die im jeweiligen Themenfeld Expertise besitzen. Inhaltlich werden etwa Bestandsaufnahmen zum Problemausmaß durchgeführt sowie Problemursachen erörtert, Lösungsansätze erarbeitet und vor allem Projekte durchgeführt. Die Einrichtung von Arbeitskreisen kann sich an bestimmten Themen (zum Beispiel Wohnungseinbruch), verschiedenen Zielgruppen (etwa Kinder und Jugendliche oder Senioren) oder einzelnen Örtlichkeiten (zum Beispiel Stadtteile oder Bahnhofsumfeld) orientieren. 

Feste Ansprechpartner:innen

Wie sich in der Praxis vielfach gezeigt hat, ist eine feste Ansprechperson (in einer Koordinations- oder Geschäftsstellenfunktion), an die sich die Mitglie-der des Präventionsgremiums und Interessierte wenden können, eine not-wendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Präventionsarbeit. Sie ist quasi der „Motor“ des Gremiums, hält Präventionsaspekte bei den Beteiligten präsent und treibt Abläufe voran. Daneben zählen administrative und inhaltliche Aufgaben zu ihren Verpflichtungen. Beispielsweise kann ein(e) hauptamtli-che(r) Mitarbeiter:in der Verwaltung diese Funktion wahrnehmen und die Präventionsarbeit professionell voranbringen.

Partner:innen im Präventionsnetzwerk können solche Akteur:innen sein, die nicht direkt in die Arbeit des Gremiums einbezogen sind, aber wichtige Un-terstützungsfunktionen wahrnehmen können. Dies gilt beispielsweise für die Medien.

Vernetzung und Kooperation

Ursachen und Einflussfaktoren für die Entstehung von Kriminalität und von Ordnungsproblemen sind vielfältig. Ursachenorientierte Prävention sollte daher möglichst viele dieser Faktoren berücksichtigen, um nachhaltig wirken zu können. Dies können aber nicht einzelne Institutionen wie die Polizei, Kommunalverwaltung oder soziale Arbeit – allein leisten. Vielmehr sollte ein breites Spektrum des in einer Gemeinde vorhandenen Sachverstandes zusam-mengebracht werden, um zu ganzheitlicheren Lösungsansätzen zu kommen. Solche Vernetzung ist mit einer Reihe von Vorteilen verbunden. 

Bsp. Störung durch Jugendgruppen im Stadtpark

In vielen Kommunen kommt es vor, dass Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum auftreten. Beispielsweise wenn Jugendliche sich abends in einem Park treffen, dort laut sind und Alkohol konsumieren. Anwohner:innen fühlen sich durch den Lärm gestört, besonders ältere Menschen sind verunsichert und andere Nutzer:innen des Parks ärgern sich am nächsten Morgen über zurückgelassenen Müll. 

Ordnungsamt und Polizei könnten durch regelmäßige Kontrollen dafür sorgen, dass die Jugendlichen den Park verlassen. Doch ist davon auszugehen, dass die Jugendlichen einen anderen Ort suchen werden, denn sie haben ein Bedürfnis sich mit Gleichaltrigen zu treffen. Ein(e) Sozialarbeiter:in sieht in dieser Situation daher Jugendliche mit dem Problem, keinen geeigneten Treffpunkt zu haben. Polizist:innen oder Mitarbeiter:innen des Ordnungsamtes hingegen nehmen die Jugendlichen als Problemverursacher:innen wahr. Beide Perspektiven sind berechtigt. Die besten Lösungen für das Problem sind daher zu erzielen, wenn man die verschiedenen Sichtweisen und Lösungsansätze zusammen bringt, etwa indem die Jugendlichen sich im örtlichen Jugendheim treffen dürfen, dafür jedoch die Interessen der Nachbar:innen und der anderen Nutzer:innen respektieren.

Kommunale Prävention setzt den Aufbau eines Netzwerkes aus verschiedenen Akteur:innen und Professionen voraus

Vernetzung ermöglicht es, nah an den Bedarfen der Bevölkerung zu sein und passgenaue Lösungen zu entwickeln. Es ist von besonderer Bedeutung, das Wissen, die Kompetenzen und Zugänge möglichst vieler unterschiedlicher Akteur:innen zu vernetzen, um die Entstehungsbedingungen von Problemen nachhaltig beeinflussen zu können. Öffentliche und private Akteur:innen ganz unterschiedlicher Fachrichtungen verfolgen dabei im Idealfall das gemeinsame Ziel, den Entstehungs- und Beeinflussungsfaktoren problematischen Verhaltens entgegenzuwirken: Suchtberater:innen, Sozialarbeiter:in-nen, Polizist:innen, Architekt:innen und Planer:innen, Lehrer:innen, Handwerker:innen, Verwaltungsmitarbeiter:innen, Mitglieder kirchlicher und religiöser Gemeinschaften, Erzieher:innen, Politiker:innen und viele andere mehr. 

Dazu müssen verschiedene Akteur:innen aus dem gesellschaftlichen und dem öffentlichen Bereich zu einer Zusammenarbeit angeregt werden, denen ihr Bezug zur Kriminalitätsprävention oftmals vielleicht gar nicht bewusst ist. Je komplexer die Probleme sind, desto mehr muss ressort- und akteursübergreifend zusammengearbeitet werden. Während Formen der Alltagskriminalität wie zum Beispiel Taschendiebstahl durch die Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsamt mitunter erfolgreich entgegengewirkt werden kann, erfordern komplexere Phänomene beispielsweise im Bereich der Jugendkriminalität das Zusammenwirken einer Vielzahl von Professionen. Denn nur so können die vielfältigen Ursachenzusammenhänge vorbeugend und nachhaltig beeinflusst werden. 

Wesentliche Bedingung für die erfolgreiche Arbeit eines Präventionsgremiums ist die Freiwilligkeit der handelnden Akteur:innen. Im Unterschied zu hierarchischen Strukturen sind Kooperationsgremien Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse wesensimmanent. Diese Prozesse können nicht durch zu starre Vorgaben gesteuert werden. 

Zunächst bedeutet Kooperation daher für alle Beteiligten in der Regel ein Mehr an Arbeit und erfordert die Bereitschaft sich mit den Kooperationspartner:innen auseinanderzusetzen. Wer sich dennoch darauf einlässt, muss sich einen Gewinn davon versprechen können. Nur wenn sich alle Beteiligten des Nutzens ihrer Zusammenarbeit bewusst sind, werden sie sich auf Dauer bereitfinden, Ressourcen in die Kooperation zu investieren. 

In Untersuchungen nennen Beteiligte von Präventionsgremien u.a. folgende Nutzen, die sie aus ihrer Kooperation ziehen 

  • die Abstimmung und Optimierung bereits vorhandener Präventions-ansätze, 
  • die Steigerung der Effektivität bei der Aufgabenwahrnehmung, 
  • den Aufbau von Vertrauen zu Kooperationspartner:innen, 
  • ▪ die Etablierung verlässlicher Arbeitsbeziehungen, 
  • ▪ eine verbesserte Zugänglichkeit von Zielgruppen, 
  • eine verbesserte Ausnutzung von Ressourcen, 
  • die Verknüpfung von Methoden, Herangehensweisen und (Zielgrup-pen-) Zugängen 
  • Abstimmung, Austausch und Bündelung von verteiltem Expert:innen-wissen, 
  • einen problembezogenen Informationszuwachs, 
  • die Vermeidung von Doppelstrukturen, 
  • eine Kompetenzerweiterung, 
  • die Entwicklung sinnvoller Komplementärleistungen oder 
  • die mittel- oder langfristige Entlastung für die eigene Arbeit.

Neben der Klärung des Nutzens für die Beteiligten haben sich weitere As-pekte als wichtig für die den Erfolg kooperativer Gremienarbeit erwiesen. Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Kooperationspartner:innen ist, dass die Beteiligten ein bestimmtes Maß an Kenntnissen über die jeweils anderen Akteur:innen und Institutionen besitzen. Organisation, Ziele, Arbeitsgrundlagen, Methoden, Befugnisse und Zuständigkeiten sollten bekannt sein. Nur so können bestehende Vorurteile ab-gebaut und Möglichkeiten sowie Grenzen der Kooperation bestimmt werden.

Verschiedenartigkeit der Beteiligten

Voraussetzungen gelingender Kooperation – Verschiedenartigkeit der Beteiligten

Die Vernetzung einer Vielzahl von Personen und Professionen, mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Ressourcen, ist ein grundlegendes Element der kommunalen Präventionsarbeit. Sie ermöglicht es, Problemursachen zu bearbeiten und langfristig wirksame Lösungen zu entwickeln.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Zusammenarbeit und Kooperation verschiedener Professionen die Beteiligten regelmäßig vor ganz bestimmte Probleme stellen. Dass Menschen aus unterschiedlichen Berufsgruppen zielgerichtet miteinander zusammenarbeiten, ist alles andere als selbstverständlich, sondern an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Verschiedenartigkeit der Beteiligten

Eine Herausforderung für die Zusammenarbeit in Gremien und Kooperationen stellt die Verschiedenartigkeit der Beteiligten dar. In den meisten Themenfeldern kommunaler Präventionsarbeit ist das Zusammenwirken verschiedener Berufsgruppen und Professionen erforderlich.

Beispiel: Zielgruppe Kinder und Jugendliche

Mit Blick auf die im Rahmen kommunaler Präventionsarbeit am häufigsten adressierte Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen sind es vor allem die Polizei und die Sozialarbeit, die in Netzwerken miteinander kooperieren.

In diesem Bereich gilt es beispielsweise, die Rahmenbedingungen von Jugendamt, Sozialer Arbeit und Polizei untereinander zu vermitteln und aufeinander abzustimmen. Polizei und soziale Arbeit haben sehr unterschiedliche Zugänge, wenn sie mit Jugendlichen in Kontakt treten. Dabei „begegnen“ sich Vertreter:innen der beiden Institutionen in der beruflichen Praxis sehr häufig.

Zu den Schnittstellen zählen etwa der Jugendschutz, Jugendkriminalität, Kinder und Jugendliche im öffentlichen Raum, Gewalt von und unter Jugendlichen, Familienkonflikte und Häusliche Gewalt oder sexueller Missbrauch. Unstimmigkeiten und Missverständnisse in der Zusammenarbeit und im Umgang miteinander resultieren nicht selten aus mangelnden Kenntnissen über Aufgaben und Zuständigkeiten der jeweils anderen Seite und daraus resultierenden Fehlannahmen zu Handlungsmöglichkeiten von Jugendhilfe und Polizei.

Das Beispiel dieser beiden Akteure illustriert die Verschiedenartigkeit von Arbeitsprinzipien, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Methoden der vielfach in Kooperationsgremien anzutreffenden Akteur:innen.


Wie der beispielhafte Vergleich zwischen Polizei und Sozialer Arbeit deutlich macht, sind die Zugänge, Ziele und Leitbilder in Bezug auf Jugendliche sehr unterschiedlich. Wenn sich die Beteiligten diese Unterschiede nicht deutlich machen, entstehen wechselseitig schnell falsche Erwartungshaltungen, die einer fruchtbaren Zusammenarbeit entgegenstehen.

Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Kooperationspartner:innen in der Kommunalen Prävention ist es daher, dass die Beteiligten ein bestimmtes Maß an Kenntnissen über die jeweils anderen Institutionen besitzen. Organisation, Ziele, Arbeitsgrundlagen, Methoden, Befugnisse und Zuständigkeiten sollten bekannt sein. Nur so können bestehende Vorurteile abgebaut und Möglichkeiten sowie Grenzen der Kooperation bestimmt werden. Ohne Kenntnis der verschiedenen Ausgangsbedingungen und Leitvorstellungen ist eine zielgerichtete Kooperation in verschiedenen Handlungsfeldern kaum Erfolg versprechend.

Besonders wichtig dabei ist, dass der Experten:innenstatus gegenseitig anerkannt und geschätzt wird. Es muss deutlich werden, dass das Expert:innenwissen und der fachliche Hintergrund aller Beteiligten in Kooperationen erwünscht und gebraucht wird. Die Kommunikation untereinander muss „auf Augenhöhe“ erfolgen. Eventuelle Vorbehalte oder gar Feindbilder müssen erkannt und abgebaut werden. Wo das nicht geschieht, wird Kommunikation und Kooperation auf Dauer nicht gelingen können.

Eine bessere Kenntnis dieser verschiedenen Rahmenbedingungen der Beteiligten kann etwa durch

  • Informationsveranstaltungen mit Referent:innen der jeweils anderen Profession,
  • gemeinsame Fortbildungen,
  • das Bereitstellen von Informationsmaterial sowie
  • wechselseitige Hospitationen gefördert werden. 

Literatur:

Kober, M., Kohl, A. & R. Wickenhäuser (2012): Fundamente kommunaler Präventionsarbeit.

Stadt Nürnberg, Jugendamt (Hrsg.) (2003): Modellprojekt Kooperation Polizei –Jugendhilfe – Sozialarbeit – Schule, Abschlussbericht PJS 4: Kooperation Polizei und kommunale Jugendarbeit.

Stiftung
Deutsches Forum
für Kriminalprävention

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