Prävention von Häuslicher Gewalt

Um welches Problem geht es?

Häusliche Gewalt beinhaltet alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt. Häusliche Gewalt liegt vor, wenn die Gewalt zwischen Personen stattfindet, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen. Sie liegt auch vor, wenn sie unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt innerhalb der Familie oder in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften geschieht.

Damit beinhaltet Häusliche Gewalt zwei Ausprägungen, nämlich die Partnerschaftsgewalt und die innerfamiliäre Gewalt (vgl. BKA 2023: Häusliche Gewalt. Bundeslagebild 2022). Im Jahr 2022 zählte die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) rund 240.500 Opfer Häuslicher Gewalt in Deutschland. Von den rund 197.500 erfassten Tatverdächtigen waren rund 76 % männlich und 24 % weiblich.

Welche Präventionsansätze kommen in Frage?

Ein Schwerpunkt des staatlichen und zivilgesellschaftlichen präventiven Engagements zielt auf Partnerschaftsgewalt, die ganz überwiegend Frauen betrifft sowie mehrheitlich von Männern ausgeübt wird und strukturell in einem geschlechtsspezifischen Diskriminierungskontext steht. Ihre Prävention fußt auf den zivilgesellschaftlichen Bemühungen zur Gleichstellung von Frauen und hat ab den 1990er Jahren vielfältige politische, rechtliche und administrative Regelungen zur Folge gehabt. Auf Bundesebene waren es Gesetze, Aktionspläne und Maßnahmenkataloge, die von wissenschaftlichen Studien und fortwährender öffentlicher Thematisierung begleitet wurden (Schröttle, 2016). Zu nennen sind zunächst wichtige Meilensteine der Gesetzgebung:

  • 2002 ermöglicht das „Gewaltschutzgesetz“ die Wegweisung eines Täters aus der Wohnung, ein Annäherungs- bzw. Kontaktverbot sowie die Zuweisung der Wohnung an die gewaltbetroffene Frau. Anpassungen der Polizeigesetze der Länder flankieren die Regelungen. Interventionsstellen auf kommunaler Ebene gewährleisten mit einem aufsuchenden Ansatz den proaktiven Zugang zu Gewaltopfern. Insgesamt verbessert sich auch die Vernetzung der relevanten Akteure im örtlichen Handlungsrahmen (Polizei, Staatsanwaltschaft, kommunale Ämter, Frauenunterstützungseinrichtungen).
  • 2007 stellt das „Stalkinggesetz“ (§ 238 StGB) ein die Lebensgestaltung der Betroffenen schwerwiegend beeinträchtigendes „Nachstellen“ unter Strafe.
  • 2018 bekommt die „Istanbul-Konvention“ in Deutschland Gesetzeskraft. Das 2011 unterzeichnete „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ verpflichtet zu einer Vielzahl von gesetzlichen und exekutiven Präventions-, Interventions- und Unterstützungsmaßnahmen.

Wo finde ich einschlägige Informationen zu Angeboten und Präventionsmaßnahmen?

Parallel zu den gesetzgeberischen Veränderungen gab es bedeutsame exekutive Fortschritte bei der Strategieentwicklung und für die Praxisgestaltung (Raab-Heck, 2016):

 

1995 beginnt das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewaltals Modell und wird Wegweiser für institutionelle Zusammenarbeit in der Fallbearbeitung im Sinne von verbindlich abgesprochenen bzw. geregelten Interventionsketten.

2007 gründet sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeitseinrichtungen Häuslicher Gewalt zur strukturellen Vernetzung der entsprechend befassten Akteure.

2013 nimmt das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen den Betrieb auf und übernimmt für Frauen mit Gewalterfahrung barrierefrei rund um die Uhr eine Lotsenfunktion in vielen Sprachen.

2019 schlossen sich bislang 13 relevante Organisationen zur bundesweiten Initiative „Stärker als Gewaltzusammen, die sich ausdrücklich an betroffene Frauen und Männer, aber auch an ihr Umfeld wendet. Die Internetseite bündelt Hilfs- und Beratungsangebote.

2020 startete das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen, mit dem der Bund im Rahmen seiner Förderkompetenzen Länder und Kommunen bei der bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Hilfesystems unterstützt.

 

Von Straftaten betroffene Bürgerinnen und Bürger können sich zudem mit Hilfe von weiteren Internetauftritte und Datenbanken über Hilfemöglichkeiten informieren, so

 

z.B. über das vom BMJV geschaltete Onlineportal „Hilfe-Info“ für Betroffene und/oder Zeuginnen bzw. Zeugen von Straftaten, auf dem sich zu allen opferrechtlichen Belangen nach einer Straftat, unter anderem zu Hilfs- und Beratungsmöglichkeiten, finanziellen, praktischen, psychologischen und rechtsmedizinischen Unterstützungsleistungen und zum Ablauf von Strafverfahren kompakt und leicht verständlich informiert werden kann und

das über die verknüpfte, kostenfreie Online Datenbank für Betroffene von (Gewalt-)Straftaten eine (anonyme) Suche nach Beratungsstellen, Betreuungs- und Hilfsmöglichkeiten in der jeweiligen Region ermöglicht („Beratungsstellenfinder“).

 

Deutschland hat viele Verbesserungen im Sinne der Istanbul-Konvention erreicht. Staatliche Interventionen werden durch ein ausdifferenziertes, spezialisiertes und professionalisiertes nichtstaatliches Unterstützungssystem für gewaltbetroffene Frauen (z.B. Frauen- und Kinderschutzhäusern, Schutzwohnungen, Frauenberatungs- und Interventionsstellen, Frauennotrufe und Fachberatungsstellen bei sexualisierter Gewalt, Frauenflüchtlingshäuser, sog. „Mädchenhäuser“ bzw. „Jungenbüros“, das Kinderschutztelefon, Opfer- und Trauma-Ambulanzen mit Beratungsangeboten) sowie durch das vom Bund finanzierte deutschlandweite Hilfetelefon ergänzt. Allerdings bleiben wesentliche Anforderungen noch nicht hinreichend erfüllt, etwa die bedarfsgerechte Bereitstellung und abgesicherte Finanzierung des Hilfesystems sowie die Versorgung einzelner Gruppen etwa von psychisch erkrankten oder suchtkranken Frauen. Die föderale Struktur Deutschlands führt zu unterschiedlichen Schutz- und Maßnahmenniveaus. Im Sinne einer bundesweiten Gleichbehandlung von Gewaltbetroffenen wären Anpassungen der Aktionspläne und der Ressourcenbereitstellungen in den Bundesländern hilfreich.

Weitere Informationen sind auf der Website des DFK im Arbeitsschwerpunkt Prävention von Häuslicher Gewalt zu finden.

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